Cranio-sacral Therapeut – mein persönlicher Weg

Mein Weg zur Cranio-sacral Therapie

Mit Anfang 20 nach Indien

Nach dem Abitur zog es mich zunächst nach Indien in ein Zentrum für Therapie und Meditation, dessen Zweigstelle in Köln ich zuvor bereits kennengelernt hatte. In Indien gab es ein größeres Ausbildungsprogramm zu der Zeit und die Kurse, u.a. cranio-sacrale Kurse, waren bedeutend praxisorientierter als in Europa. Ich hatte zuvor gespürt, dass ich mich beruflich stark für die Richtung einer körperorientierten Therapie interessierte. Vielleicht spielte es eine Rolle, dass ich als Teenager jahrelang unter Rückenschmerzen gelitten hatte. In Indien begann so zunächst dann eine Probierphase, in der ich Behandlungen buchte und an Workshops teilnahm.

Meine erste cranio-sacrale Behandlung

In dieser Phase probierte ich zunächst verschiedene Massagearten, eine Tiefengewebsmassage, psychotherapeutische und körperorientierte Therapien, Workshops und Meditationskurse aus. In diesem Zusammenhang buchte ich meine erste craniosacrale Behandlung. Ich erinnere mich daran, dass die Therapeutin an einzelnen Kopfknochen und am Kiefer arbeitete. Viel intensiver habe ich jedoch in Erinnerung, wie sich die Behandlung auf mich auswirkte. Ich lag da, in tiefem Frieden mit mir selbst, und lauschte den Vögeln. Solche Glückseligkeit hatte ich zuvor noch nie erlebt. Die Therapeutin erkannte das und gab mir leise die Möglichkeit, über ihre Mittagspause einfach liegen zu bleiben. Das nahm ich gerne an, konnte ich doch diesen Zustand so länger erleben. Diese Behandlung hatte mich so tief berührt, dass ich mich sogleich dort für die Ausbildung anmeldete. Ich sagte mir, wenn eine Behandlung so etwas Besonderes in mir bewirken kann, möchte ich sie auch erlernen.

Mein erstes cranio-sacrales Training

Ich hatte tatsächlich Glück: Innerhalb weniger Wochen startete eine cranio-sacrale Ausbildungsreihe und ich bekam noch einen Platz. Ich genoss diese Zeit sehr und die Ausbildung hatte einen hohen Praxisanteil.  Das Gelernte wurde in gegenseitiger Behandlung  gleich angewandt und geübt. Die Ausbilderin Bhadrena Tschumi ist eine Schweizerin, die in den USA bei Dr. John Upledger ihre Ausbildung absolviert hatte. Heute, 20 Jahre später, kann ich sagen, dass derjenige Teil der Ausbildung, in dem in Stille gearbeitet wurde, mir äußerst positiv in Erinnerung geblieben ist.

Auswirkung bei mir

Zu meiner Verwunderung bemerkte ich nach dem ersten längeren Block der Ausbildung, dass ich nicht mehr durch meine Brille schauen konnte. Ich ging zu einem Arzt, der sogleich feststellte, dass meine Jugendweitsichtigkeit fast verschwunden war. Vor Beginn der Ausbildung betrug meine Fehlsichtigkeit 3,0 Dioptrien, danach nur noch 0,25. Das hatte sich erst 20 Jahre später etwas verschlechtert auf heute 0,75. So etwas scheint allerdings nur bei Jugendweitsichtigkeit zu funktionieren, wie ich später von Craniosacral Therapeuten hörte und nicht in jeden Fall.

Mein erster spiritueller Lehrer

In dieser Zeit meiner ersten cranio-sacralen Ausbildung fand ich in der selben Stadt in Indien einen sehr herzlichen spirituellen Lehrer. Er hatte das gleiche Meditationszentrum wie ich oft besucht und war ansonsten Fliesenfabrikant. Sein Name war Kiran. Ich nahm sehr gerne wöchentlich an den Treffen auf der Veranda seines Hauses teil, es wurde meditiert und unterrichtet. Seine Lehre kann man auf diese Weise zusammenfassen: Inneren Frieden findet man durch Akzeptanz. Diese Treffen gaben mir sehr viel. Eines Tages, als ich über den Tellerrand schauen und nach Bombay fahren wollte, um einen anderen spirituellen Lehrer zu treffen, sagte Kiran zu mir: „Wenn Du nach Bombay fährst, musst Du Ramesh Balsekar treffen!“

Ein Advaita-Lehrer

Ich beherzigte seinen Rat und traf den in Indien sehr renommierten Advaita-Lehrer Ramesh Balsekar. Die Treffen bei dem ehemaligen Vizepräsidenten der größten Bank Indiens mit Gästen aus aller Welt fanden täglich in seiner Wohnung statt. In der ersten Zeit unternahm ich ab und zu von dem Ausbildungszentrum, in dessen Nähe ich eine Wohnung hatte, mehrtägige Abstecher nach Bombay. Interessant war danach die Rückmeldung von Freunden: „Immer, wenn Du aus Bombay zurück kommst, bist Du total gut drauf!“ Auch ich spürte immer mehr, dass die philosophischen Unterweisungen auf mich sehr logisch und schlüssig wirkten und mir das Anhören der Lehren immer wieder tiefen Frieden schenkte.

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Mallorca

Nach zwei Jahren durchgehendem Aufenthalt verließ ich Indien. Ich flog daraufhin nach Mallorca und bewarb mich als Craniosacral Therapeut bei verschiedenen Hotels. Das Arabella Golf Hotel in Palma stellte mich zu meinem großen Glück sofort ein. Unmittelbar daneben lag das Schlosshotel Son Vida, beide Hotels gehörten zur Sheraton Gruppe. So konnte ich gleichzeitig in beiden Hotels als Craniosacral Therapeut arbeiten. Es war sehr gut, auf diese Weise gleich praktische Erfahrungen als Craniosacral Therapeut sammeln zu können. Zufälligerweise machte Kiran zu der Zeit eine Reise nach Mallorca. Ich traf ihn mit seinen Schülern und freute mich über diese Überraschung.

Zurück in Deutschland

Die Jahre auf Mallorca waren ein wunderbares Erlebnis, aber danach war es mein Wunsch, in Deutschland eine Familie gründen. Das fügte sich bald auch so. Jahre später flog ich mit meiner Frau zu Ramesh Balsekar nach Bombay und danach auch mit unserer Tochter nach Mallorca, um ihnen diese wichtigen Stationen in meinem Leben zu zeigen. In Bombay bei Ramesh lernte ich meinen späteren guten Freund Gary Roba aus den USA kennen. Es stellte sich heraus, dass wir uns innerhalb von Wochen wiedersehen würden, da wir uns unabhängig voneinander bei dem herausragenden Craniosacral-Pionier Franklyn Sills in England zu einer Ausbildung in biodynamischer Craniosacral Therapie angemeldet hatten. Wir waren Teilnehmer im selben Kurs und trafen uns so im Laufe der nächsten Jahre insgesamt 10 mal für eine Woche bei Franklyn Sills.

Mike Boxhall

Später wurde mein Freund Gary, dessen Urteil ich immer besonders schätzte, auf den Craniosacral Therapeuten und Ausbilder Mike Boxhall in England aufmerksam. Mike Boxhall war zu dem Zeitpunkt bereits 78 Jahre alt und seit 50 Jahren praktizierender Buddhist. Er hatte die Craniosacral Therapie und seine Spiritualität auf eine für mich faszinierende Art und Weise zusammengeführt. Gary und ich waren überglücklich, bei Mike eine cranio-sacrale Ausbildung zu erhalten, denn für uns wirkte dies wie die Hochzeit von Advaita-Philosophie und Craniosacral Therapie.

Die wichtigsten Elemente der biodynamischen Craniosacral Therapie sind eine akzeptierende Präsenz und tiefe Meditation. Wie Mike Boxhall sagte, ist es ist wichtiger für die Wirkung der Therapie, in welcher Geisteshaltung man sich befindet, als woran man gerade cranio-sacral arbeitet. Dies liegt darin begründet, dass der Mensch kein mechanisches Gerät ist. Diese Ebene der Therapie existiert auch und ist natürlich gültig, wenn sich etwa ein Patient seine Schulter ausgerenkt hat. In diesem Fall sollte ein Chiropraktiker die Schulter einrenken. Bei der cranio-sacralen Arbeit jedoch sieht die Sache anders aus: Hinter den Spannungsmustern stehen unverarbeitete Lebenserfahrungen. Meditative Stille und eine zutiefst akzeptierende Geisteshaltung sind entscheidend, auch auf der Ebene der non-verbalen Kommunikation mit den unbewussten Anteilen einer Persönlichkeit.

Mystiker aus aller Welt verstehen sich

Der Buddhismus von Mike Boxhall, der selbst als seinen spirituellen Lehrer den tibetischen Weisen Milarepa aus dem 11. Jahrhundert nannte, und unsere Advaita Philosophie unterschieden sich nur unwesentlich. Etwas derartiges hatte ich zuvor schon bei der Begegnung mit einem Theravada-Buddhisten festgestellt. Später fand ich auch einen Freund, der christlicher Mystiker ist. In zahllosen Gesprächen mit ihm erkannte ich keine nennenswerten Unterschiede in der Philosophie.

Sehr Ähnliches erlebte ich auch während eines Vortrags des christlichen Mystikers und Autors Willis Jäger. Ich fand auch bei ihm keine wesentlichen Unterschiede zu den anderen mystischen Lehrern. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass ein alter Advaita Freund von mir sich nach seiner Zeit in Indien sehr viel mit den Achtsamkeitswegen von Willigis Jäger beschäftigte, ohne einen Widerspruch zu Advaita zu finden.

Niemals kann Mystik Dogma werden. Niemals aber kann Dogma, ohne von Mystik umgeben zu sein, lebendig bleiben.“ (Albert Schweitzer)